Isolde's Historischer TanzTraining, Workshop, Tanztee, Auftritt

Historie des Tanzes

Der Begriff „Historischer Tanz“ entstand etwa zeitgleich zum Begriff „Alte Musik“ im frühen 20.Jhd.
Beide Begriffe beschreiben das Wiederaufleben alter Suiten bzw. Tanzchoreographien nach überlieferten Zeugnissen.
Oftmals wird historischer Tanz mit höfischem Tanz gleichgesetzt, dies entspricht aber nur einem Teil der Überlieferungen, da die Tänze des Bürgertums und der einfachen Bevölkerung ebenso mit berücksichtigt werden müssen.

Heutzutage grenzt man den historischen Tanz vom Volkstanz, klassischen Tanz (Ballett) und zeitgenössischen Tanz ab.

Im Wesentlichen sind darunter Tänze des 15.-19.Jhd. zu verstehen.

  • Eine Zeitreise durch die Historie des Tanzes

    „ Tanz ist ein Telegramm an die Erde mit der Bitte um Aufhebung der Schwerkraft ( Fred Astaire 1899-1987 )“

    Schöner kann man es im Grunde nicht ausdrücken und es stammt ja auch vom Richtigen.
    Tanz bedeutet Konversation auf unterhaltsame Art. Das war aber nicht immer so.

     

    Eine Zeitreise durch die Historie des Tanzes
    Eine „Geschichte“ des Tanzes in dem Sinne gibt es nicht, weil jede Kultur ihre eigene Entwicklung nahm und den Tanz als Ausdruck ihrer Kultur betrachtete.
    Das einfache Volk tanzte ausgelassen und temperamentvoll.
    Kurzfristig wurde der Lebensfreude im ansonsten doch sehr anstrengenden Alltag Ausdruck verliehen.
    Stets eifersüchtig bewacht vom Klerus, der immer neue Gründe fand, warum Tanz als gotteslästernd und obzön galt. Immer fanden sich jedoch für alle Schichten Möglichkeiten die strengen Regeln des Klerus zu umgehen.
    Die Region und der Tanzstil manifestierten sich später in den sogenannten „Volkstänzen“. Hierbei hatte jede Epoche und Region ihre eigenen Eigenheiten. Oftmals fanden ehemalige Volkstänze Zugang zum Hof und wurden dort für die Adeligen adaptiert, mit Schritten versehen etc.
    Die Lebensphilosophie an den europäischen Höfen läßt sich mit dem Zitat eines bekannten Tanzmeisters des 18. Jhd ausdrücken :

    „Tanz enthält alles, was zu einer schönen Sprache notwendig ist“
    (Jean Georges Noverre , 1727 Briefe über die Tanzkunst und über Ballette)

    Der Adel verkörperte im Tanz nicht Lebensfreude sondern Präsenz. „Man“ zeigte kostbare Garderobe, Schmuck, junge elegante Frauen. Hierdurch wurde der gesellschaftliche Status repräsentiert. Selbstverständlich war jeder, der am Hof verkehrte, der Tänze seiner Zeit mächtig. Die Beliebtheit der Tänze wechselte wie die Kleidung in der Mode.

    Prunkvolle Feste wurden ausgerichtet, um als gesellschaftliches Ereignis nicht nur die Geselligkeit zu fördern, sondern auch potentiellen Heiratsanwärtern und Geschäftspartnern als Kommunikationsplattform zu dienen. Empfänge und Bälle wurden zur Pflege sozialer und diplomatischer Kontakte genutzt in einer Gesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt nicht mobil war. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde Tanz als „Kunst“ wahrgenommen. Ursprüngliche Tänze des Volkes wurden für den Hof adaptiert.Hierfür wurden Tanzmeister engagiert, die nicht nur die Aufgabe hatten, den Tanzenden elegantes und kunstvolles Tanzen beizubringen, sondern auch prunkvolle Feste zu organisieren. Hierzu gehörten dann auch Inzinierungen, wie Feuerwerke, Seeschlachten auf den Schlossteichen etc. Jeder Fürst versuchte Einfluss und Reichtum auch auf diese Weise zu demonstrieren.Die Tanzmeister hatten in dieser Zeit einen hohen sozialen Status. Den Tanzmeistern ist ebenfalls zu verdanken, daß es auch heute noch Aufzeichnungen über die damals übliche Tanztechnik gibt. Da Tanzmeister erst in der Renaissance üblich waren, gibt es aus früheren Zeiten kaum Aufzeichnungen. Tänze des Mittelalters müssen anhand von Gemälden rekonstruiert werden.

  • Frühzeit

    Da es aus dieser Zeit keine Aufzeichnungen gibt und nur wenige Instrumente gefunden wurden, kann man nur Mutmaßungen über Funktion und Durchführung von Tanz machen.

    WikingerIn dieser Zeit dürfte der Tanz als Ausdruck eines Rituals bzw. religiösen Stilmittels zu verstehen sein, um einerseits die Götter- oder Naturgewalten zu besänftigen, Könige oder Stammesführer zu ehren, durch ekstatischen Tanz Tote auf ihrer Reise ins Jenseits zu begleiten oder sich auf einschneidende Ereignisse (Überfälle, Kriege, Seuchen) etc. einzustimmen. Große Wichtigkeit hatte der Tanz z.B auch beim Totenkult der Ägypter .Auf Pyramidenbemalungen werden immer wieder tanzende Menschen gezeigt. Vermutlich sollte der Tanz die Trauer verkleinern.

    In Griechenland wurde Tanz oftmals in Theateraufführungen mit eingebunden, war somit auch zu diesen Zeiten schon als eine Art Kunst zu verstehen.

    Bekannt ist von den nordischen Völkern ein auch heute noch praktizierter Kettentanz in der Art einer Prozession, bei dem ein Tänzer oder Sänger mit einer Art Sprechgesang voranschreitet. Hierbei können Fackeln, Gefäße oder Feuerschalen vorangetragen werden.

    Ursprünglich wohl aus der nordischen Mythologie entliehen (s.Ormurin langi = Die lange Schlange oder Midgardschlange), stellt der Tanz bei den Wikingern wohl den Mythos um Thor und die weltumspannende Midgardschlange dar.

  • Mittelalter

    MittelalterIm frühen Mittelalter wurden Tänze als eine Art Aufzug gestaltet. Die Tänzer wurden nach Rang angeordnet und mit Fackeln, Stablichtern und dergleichen ausgerüstet. Viele Tänze wurden zu Dritt (1 Mann, 2 Frauen) überliefert. Hierbei ging es wohl weniger um die männliche Dominanz, als vielmehr die mit Sünde beladene Zahl „zwei“ durch die heilige Zahl „drei“ zu ersetzen.

    Möglicherweise waren aber auch rein praktische Beweggründe ausschlaggebend, da die männliche Bevölkerung durch bewaffnete Auseinandersetzungen ständig dezimiert wurde.

    Aufzug, Reigen, Estampie und frühe Branlen sind dieser Zeit zuzuordnen.Auch die frühen in Italien angesiedelten Opern enthielten viele Tänze.
    Schwerpunkt der Tanzkultur lag in Frankreich.

  • Renaissance

    RenaissanceZu unterteilen ist die Renaissance in Frührenaissance (1450 bis 1500) und Hochrenaissance (1500 bis 1620). Renaissance (frz. Wiedergeburt, Wiederbelebung) ist die Zeit eines veränderten Weltbilds.

    RenaissanceKritisches, neuzeitliches und individuelles Denken nimmt Gestalt an. Man wendet sich erstmals ab vom Jenseits und wendet sich dem Diesseits zu. Humanismus ist die neue geistige Strömung. Lebenslust und Prachtentfaltung erheben sich neu.

    Der Schwerpunkt von Mode und höfischem Tanz verlagert sich von Frankreich zunächst nach Italien und Burgund (Frührenaissance) später nach Spanien und England (Hochrenaissance), ebenfalls dem politischen und höfischen Leben dieser Zeit geschuldet.

    Die Tänze werden zunehmend schwerer, was den Einsatz von Tanzmeistern erfordert, die komplizierte Choreografien erarbeiten und prachtvolle Feste arrangieren. Tanzaufzeichnungen und Tanzschritte werden erstmals schriftlich festgehalten (Thoinot Arbeau, Paolo Negri, Fabritio Caroso, John Playford). Zusätzlich haben die Tanzmeister die Aufgabe die höfische Etikette zu etablieren und zu vermitteln. Noch immer richtet sich die Musik nach der Tanzchoreografie und nicht wie in späteren Jahrhunderten umgekehrt die Tänzer nach der Musik.

    Branlen, Basse danse, Saltarello, Piva sind die frühen Tänze, zu denen sich später Pavane, Allemande, Volta und frühe Kontratänze (country dances) gesellen.

  • Barock

    „ Das schwere am Tanzen ist, das Schöne des Tanzes so zu zeigen, daß das Schöne nicht schwer aussieht.“(unbekannter Autor)

    BarockDas trifft auf keine Tänze so zu, wie auf die schwierigen Tänze des Barock. In den nächsten 150 Jahren (ca 1620 bis 1750) bildet sich ein tieferes Verständnis für Kunst aus, obwohl eine tief zerrissene Gesellschaft vorherrscht. Glaubensspaltung und damit verbundene Folgen wie Inquisition, Hexenverbrennungen, Hugenottenverfolgungen, Glaubens- und Territorialkriege überschatten die Gesellschaft dieser Zeit.

    Der Zusammenhang zwischen Tanz, Lebensfreude und Historie ist nicht immer leicht zu beantworten. Die Zeit der Aufklärung war geprägt von schwierigen politischen Verhältnissen. Andererseits gab es den Hang zum Monumentalen, Bizarren und großen Errungenschaften in der Kunst.

    BarockIm Tanz werden immer ausgereiftere Choreografien und komplizierte Tanzschritte erfunden.Schließlich mündet dieses Procedere in der Trennung von professionellem- und Gesellschaftstanz. Große, leidenschaftliche Erfindungen in der Musik wie Opern, Oratorien, Fugen, Arien etc. und gleichzeitig ein auf Frankreich und dessen tanzbegeisterten König (Ludwig XIV) ausgerichtete Tanzkultur führen zur Trennung von Gesellschafts- und professionellem Tanz  (Ballet).Professionelle Tänzer werden engagiert, um Theaterstücke mit Tanz aufzuführen. Erstmals richten sich Tanzchoreografien nach der komponierten Musik.

    Tänze dieser Zeit sind unzählige Suiten und Galanterien (unterteilt in Bourree, Canarie, Chaconne, Folia, Passacaglia, Passepied um nur einige zu nennen). Später ergänzen Courante, Sarabande, Gavotte, Gigue, Kontratänze und Anfänge des Menuetts das Spektrum.

  • Rokoko

    BarockDas ausklingende 18 Jhd. (1730 bis 1780) gibt die Zeit des Rokoko wieder. Kraft und Leidenschaftlichkeit der Hochbarockzeit werden ersetzt durch Dekadenz und Frivolität. Die Aristokratie wird erstarrter, der Wahn nach immer ausgefalleren, verspielten Dingen immer größer. Die starken Strömungen der Zeit, die bereits politische Umstrukturierungen ankündigen, werden nicht wahrgenommen.

    Als Tanz steigt das Menuett als Ausdruck dieser Lebensphilosophie auf den Höhepunkt. Der Tanz verlangt den Tanzenden vollkommene Körperbeherrschung und jahrelanges Training ab. Das Menuett war durch und durch der Tanz der Aristokratie und spiegelt nicht die Bedürfnisse der normalen Bevölkerung wider. Künstlichkeit und Kompliziertheit der Tanzchoreografien sind kaum mehr zu übertreffen.

  • Empire

    EmpireDie französische Revolution beendete im ausgehenden 18.Jhd. jäh die übertrieben dekadente Lebensweise. Die politischen Umwälzungen führen zu radikalen gesellschaftlichen Umstrukturierungen. Das Machtstreben der neu entstandenen Nationalstaaten führte gleichzeitig zu einem Militarismus, der auch das zivile Leben und die Wertvorstellungen der Bürger bestimmte.

    Auf die Frivolität des 18.Jhd.folgte nun Tugendhaftigkeit. Zunächst die napoleonische Ära, dann deren Ablösung durch Zeitgenossen wie Königin Luise, Queen Victoria, Zar Alexander I führte schließlich die Zeit des Empire ein. Betonte Schlichtheit, Besinnung auf die Antike und deren Ideale, Romantik in Kunst, Schriftstellertum (Jane Austen) und Mode waren maßgebend.

    Die Tänze waren nicht mehr verspielt und kompliziert, sondern vielmehr ausgelassen, wild und rauschhaft. Es tanzt nicht nur die Aristokratie, sondern auch das aufstrebende Bürgertum. Die Tanzkultur verlagert sich von Frankreich nach Deutschland, Österreich und Polen. Der Walzer als Formations- und Paartanz ist neuer Modetanz. Am Hof zunächst nicht akzeptiert, erlebt er 1814 beim Wiener Kongress seinen Durchbruch.

    EmpireDrei wesentliche Änderungen haben sich bis zu diesem Zeitpunkt durchgesetzt: Zunächst ist der höfische Tanz nicht mehr nur der Aristokratie vorbehalten, sondern das aufstrebende Bürgertum mischt sich unter die Gesellschaft.800 Jahre lang wurde immer eine offene Tanzhaltung angenommen, bei der den Tanzpartnern keine enge Paarfassung erlaubt war. Dies wird erstmals mit dem Wiener Walzer durchbrochen. Der Tanz dient nicht mehr ausschließlich der Repräsentanz und Selbstdarstellung, sondern wird erstmals als Unterhaltung und Lebensfreude wahrgenommen.

    Weitere Tänze dieser Zeit sind Abwandlungen des Wiener Walzers, schottischer und englischer Walzer, Polonaise, Cotillon, Ecossaise, Quadrille, verspielte Kontratänze, Mazurka, Polka und Galopp. Gleichzeitig bilden sich weitere Volkstänze aus. Die irischen Sets bilden sich aus Quadrille und Ecossaise.

  • Biedermeier / 2. Rokoko

    Die Zeit von 1820 bis 1850 wird als 2.Rokoko bzw. Biedermeier bezeichnet. In Musik, Kunst und Tanz herrscht Romantik vor. Kammermusik nimmt Einzug in gesellschaftliche Empfänge (Hausmusik) und Gesangsvereine singen romantische Lieder von Schumann und Schubert.

    Eine konservative Epoche, die mit Bescheidenheit, häuslicher Idylle, Landschaftsmalerei, Gesangsvereinen und Flucht ins Private einhergeht. Getanzt wird Walzer, Ländler, Quadrillen und Ecossaisen. Das gesellschaftliche Leben findet auf kleineren Hausbällen statt, weniger auf großen Bällen an den Höfen.

  • Viktorianisches Zeitalter

    Die Zeit von ca 1840 bis 1900 wird als viktorianische Epoche bezeichnet, nach der Regierungszeit von Queen Victoria. Eine zunehmende Industrialisierung sichert einen gewissen Lebensstandard. Das reiche Bürgertum gewinnt immer mehr Einfluss. Gleichzeitig finden viele Reformen und eine Demokratisierung statt. In der Mode kommen immer mehr Tournüren zum Einsatz, was zu den sogenannten „Wasserfallröcken“ führt.

    Getanzt wird Polka, Gavotte, Schottische und Quadrille auf groß angelegten Bällen, die zu dieser Zeit wieder das gesellschaftliche Ereignis darstellen und wie zu früheren Zeiten als Heiratsmarkt und diplomatische Plattform fungieren. Die Damenwelt wird entweder durch die Eltern oder durch Verlobte in die Gesellschaft eingeführt, ähnlich den heutigen Bällen für Debütanten.

  • Neuzeit

    In der Zeit ab 1900 bis heute kommen sogenannte Modetänze auf, die je nach vorherrschender Gesellschaft getanzt werden.Die Aristokratie wird zurückgedrängt und tanzt nur noch auf Debütantenbällen und das Bürgertum amüsiert sich entsprechend in verschiedenen Locations.

    In den verschiedenen Epochen enstehen unterschiedliche Tanz- und Musikstile:

    Charleston (20er Jahre), Swing / Bigbands (30er und 40er Jahre), Rock n´Roll (50er Jahre , Twist (60er Jahre), Disco (70er Jahre).
    Charakteristisch ist, daß inzwischen jeder für sich allein tanzt. Der typische Paartanz ist beinahe aus der Mode gekommen, scheint aber heutzutage wieder ein Revival zu erleben.

  • Literatur

    Schoch Agnes: Die alten Tänze, 800 Jahre Höfischer Tanz, Kastell Verlag, 1998

    Arbeau, Thoinot: Orchesographie, Lengres 1588. Übersetzung: Albert Czerwinski, Danzig 1878, Hildesheim, New York 1980

    Bahr Werner: Zur Entwicklungsgeschichte des höfischen Gesellschaftstanzes; Breslau 1941

    Caroso Fabritio: Nobilita de Dame, Venedig 1605

    Feldmann Fritz: Historische Tänze der musikalischen und choreographischen Weltliteratur. Von der Basse dance bis zum Menuett, Köln 1973

    Götsch Georg und Gardiner Rolf: Alte Kontratänze; Wolfenbüttel 1928 / 1953

    Lach Robert: Zur Geschichte des Gesellschaftstanzes im 18.Jhd.; Wien 1920

    Playford John: The English Dancing Master; London 1651 und 1957

    Negri Cesare: Nuove inventione di balli; Mailand 1604

    Taubert Karl-Heinz: Höfische Tänze. Ihre Geschichte und Choreographie; Mainz 1968